Wer den ersten Teil meines Reiseberichts schon gelesen hat, weiß: Bisher verlief mein Roadtrip nicht nach Plan und so konnte ich den Urlaub bisher nicht wirklich genießen. Höchste Zeit also dies zu ändern…hoffentlich!
Nachdem ich am Loch Lomond die Nacht auf einem Campingplatz verbracht hatte und dementsprechend ausgeschlafen und erholt war, ging es zeitig los. Ich wollte ein paar Kilometer weiter zum Ben Lomond, dem prominentesten Berg dieser Region. Seine 974 Meter Höhe könnten mir als Bergfex normalerweise nur ein müdes Lächeln entlocken, doch versprach dieser Berg die beste Aussicht auf Loch Lomond und die umliegenden Highlands.
Bei blauem Himmel und den ersten wärmenden Sonnenstrahlen des Tages ging es kurz nach dem Frühstück in Richtung Parkplatz. Entlang des Single Tracks zeigte der Herbst all seine Farben in vollster Pracht und schon die Fahrt war ein Genuss. Am Parkplatz angekommen die erste böse Überraschung. Der Parkautomat für die Kreditkarte war defekt und englisches Bargeld hatte ich absichtlich nicht dabei. Während ich bezüglich einer Lösung meines Problems rätselte, drückten mir zwei Schotten die entsprechenden Pfund einfach in die Hand. Wahnsinn! Das nennt man Gastfreundschaft pur!
Kurze Zeit später ging es los und vom soeben noch blauen Himmel war nichts mehr zu sehen. Je höher ich Ben Lomond bestieg, umso dichter wurde die Wolkendecke, bis man letztendlich von ihr sogar umschlungen wurde. Nur wenige Meter betrug teilweise die Sicht und ich fragte mich ernsthaft, ob ich überhaupt weitergehen sollte. Da mehr als die Hälfte jedoch schon geschafft war und ein älteres Ehepaar während einer kurzen Pause unbeirrt an mir vorbei stapfte, entschloss auch ich mich, weiter zu gehen. Vor allem trieb mich die Hoffnung, dass die Wolkendecke aufreißt, während ich am Gipfel stehe, weiter an.
Doch die Hoffnung schwand, je näher ich dem Gipfel kam. Eisiger Wind setzte ein und kurze Zeit später tanzten die Schneeflocken um mich herum. Glücklicherweise war ich auf einen derartigen Wetterumschwung vorbereitet, gemütlich war es dennoch nicht. Kurze Zeit später stand ich am Gipfel und genoss die Aussicht…die Aussicht in ein unendliches und dichtes Grau. Kein Lohn für meine Mühen! Dementsprechend kurz fiel der Gipfelaufenthalt aus und schon nach kurzer Zeit machte ich mich auf den Rückweg.
Und siehe da, es kam doch noch, mein verspätetes Gipfelglück. Innerhalb von Minuten lockerte der undurchdringliche Nebel auf, ehe die Wolkendecke aufriss und die Sonne das Loch und die umliegenden Berge beschien. Die Sonne tauchte die goldbraunen Herbstwiesen der Highlands in ein intensiven Licht und ich konnte mich an dem atemberaubenden Ausblick kaum sattsehen. Die Wolkendecke riss immer weiter auf, bis der Himmel wieder wolkenfrei war. Schneesturm vor einer halben Stunde? Das hätte mir keiner geglaubt! Zurück am Parkplatz fühlte ich mich das erste Mal richtig glücklich und in Schottland angekommen.
Noch am selben Tag fuhr ich entlang des Westufers des Loch Lomonds weiter in Richtung Norden. Ich wollte tiefer in die Highlands eintauchen und schließlich hatte ich zu diesem Zeitpunkt ja noch zwei volle Tage, ehe meine Fähre nach Tiree ablegen würde. So fuhr ich durch eine atemberaubende Abendstimmung entlang des Lochufers und suchte den nächsten Campingplatz. Doch die Campingplätze auf dem Weg hatten sich mittlerweile schon in die Winterruhe verkrochen und so fuhr ich immer weiter in Richtung meines morgigen Ziels: Glencoe.
Mittlerweile war es schon stockdunkel und die Siloutten der Highlands zeichneten sich vor dem Sternenhimmel ab. Allein dieser Anblick war traumhaft. Tatsächlich landete ich noch an diesem Abend in Glencoe und fand einen Campingplatz, der ganzjährig geöffnet hatte. Dies war tatsächlich auch nötig, hatte ich nachts doch nun sogar mit Minusgraden zu rechnen und mich so am Campingplatz meine Elektroheizung warmhalten konnte.
Der nächste Morgen versprach traumhaftes Wetter und ich setzte mich in meinen Bus, um die umliegenden Highlands zu erkunden. Der Eindruck, den ich bei Nacht gewinnen konnte, verstärkte sich sogar noch. Die Landschaft war einfach traumhaft und entsprach genau meinen Vorstellungen der schottischen Highlands. Nach zahlreichen Fotostopps, bog ich in eine kleine Single-Track-Straße in Richtung Glen Etive, dem Drehort von Skyfall und Braveheart.
Die moorige Landschaft war wild und unberührt und man konnte tatsächlich jeden Moment damit rechnen, schottische Freiheitskämpfer über einen Hang stürmen zu sehen. Die Straße endete am Loch Etive und ich bewunderte das Panorama. Mit einer Kanne Tee setzte ich mich an einen alten Handelskai und betrachtete das Bergpanorama im spiegelglatten Wasser des Lochs. Letztendlich gesellten sich noch zwei Schotten zu mir und erzählten mir alles über diese Gegend und seine Geheimnisse.
Nach geraumer Zeit des Müßigganges war nun etwas körperliche Ertüchtigung fällig und ich fuhr die kleine Straße wieder zurück. Zurück auf der Hauptstraße Richtung Glencoe hielt ich nochmals, um einen kleinen Teil des West Highland Ways zu wandern. Doch anscheinend war in diesem Urlaub das Wanderglück nicht mit mir, denn schon wieder zog es zu und auch diesmal war mein Gipfelglück nur von kurzer Dauer.
Dennoch glücklich kehrte ich abends auf den Campingplatz zurück und machte es mir bei einem Film in meinem Bus bequem. Zwei wunderschöne Tage in Folge! War das endlich die Wende in meinem Urlaub?
Tags darauf, der letzte Tag vor meiner Fährfahrt, war der Himmel immer noch wolkenverhangen und ich fuhr in Richtung Fort William. Das kleine Städtchen lag mit seinen grauen Häusern trist da und wirkte nicht gerade einladend und schon wieder schlug sich das bescheidene Wetter auf meine Stimmung nieder. Schlechte Stimmung? Whisky!!! Nach dem Motto besuchte ich eine Destillerie in Fort Williams. Kurz bevor die Führung losging, checkte ich meine Mails und fiel aus allen Wolken. Meine Fähre für den morgigen Tag wurde gecancelt und eine Ersatzfähre für heute früh (die Mail kam am Vorabend an) hatte ich logischerweise schon verpasst.
Nun war meine Laune endgültig im Keller und die lieblose Führung durch die Destillerie machte das Ganze nicht besser. Na toll! Da waren sie wieder, meine Zweifel, ob dies alles tatsächlich eine gute Idee war. Ich war nur wenige Kilometer von meinem Fährhafen entfernt und doch war mein eigentliches Ziel, die kleine Insel Tiree, im Moment für mich unerreichbar.
Grübelnd verbrachte ich den Tag in meinem Bus ging meine verschiedenen Optionen durch. Sollte ich mich in Geduld üben und einfach noch ein paar Tage in den Highlands verbringen? Sollte ich nach Irland fahren und dort surfen gehen? Oder gar den Urlaub in Schottland komplett abbrechen und trotz der schlechten Windvorhersage ins sonnige Portugal fahren?
Endlose Fragen und Möglichkeiten schossen durch meinen Kopf. Wofür ich mich entschieden habe? Dafür müsst ihr den dritten Teil meines Reiseberichts lesen! :) Bleibt gespannt!