Inside the PWA: Freestyle

Nachdem ich euch den PWA Slalom schon ausführlich vorgestellt habe, kommt nun, wie versprochen, die nächste Disziplin an die Reihe.

PWA Freestyle
Credits: Carter / pwaworldtour.com

In dieser Folge von „Inside the PWA“ widmen wir uns dem Freestyle. Diese Disziplin ist genau genommen die jüngste Variation des Windsurfens und auch die Disziplin, die sich am schnellsten entwickelt. Freestyle entwickelte sich aus dem Wave-Windsurfen als die Waver irgendwann versuchten ihre Tricks im Flachwasser zu zelebrieren. Dies gelang, neue Tricks wurden erfunden und Freestyle war geboren. Noch immer werden jedes Jahr eine Vielzahl an neuen Tricks erfunden und so ermöglicht es Freestyle den Windsurfern auch fernab von meterhohen Wellen atemberaubende Tricks zu vollführen.

Am ehesten ließe sich PWA Freestyle mit dem Skaten vergleichen, doch anstatt Ollie, Kickflip und Co., heißen die Tricks beim Freestyle Shaka, Flaka, Kono, Spock oder Grubby. Wie PWA-Freestyle-Events ablaufen, erfahrt ihr im Folgenden:

Die Regeln

Während Slalom mit der Formel 1 vergleichbar ist, kann man PWA Freestyle am ehesten mit einer Mischung aus Skateboarden, Eiskunstlauf und Turnen vergleichen. Dieser Unterschied macht sich auch in den Regeln bemerkbar, so dass sich das Freestyle-Reglement deutlich vom Slalom-Regelwerk unterscheidet.

Beim Slalom kann man den Sieger objektiv ermitteln: Wer als erstes regelkonform über die Ziellinie fährt, hat gewonnen. Punkt. Die PWA-Freestyle-Regeln sind dabei deutlich subjektiver. Wie  und warum dies der Spannung keinen Abbruch tut, erfahrt ihr jetzt:

Die Wettkampf-„Arena“ beim PWA Freestyle

PWA_Freestyle_1Anders als im Slalom, gibt es beim PWA Freestyle keinen abgesteckten Kurs, sondern einen definierten Bereich, in dem die Fahrer ihre Moves zelebrieren dürfen. Diese Bereiche sind natürlich von Spot zu Spot unterschiedlich und werden jedes Mal neu definiert. Fahrer, die derzeit keinen Wettkampf-Heat austragen, haben die „Arena“ zu meiden, so dass sich die Judges und die Zuschauer voll und ganz auf die Kontrahenten konzentrieren können.

Das Wettkampf-System
PWA Freestyle
Single Elimination Ladder Quelle: pwaworldtour.com

Die zwei gängisten Wettkampf-Systeme im Freestyle sind die Single- und die Double Elimination. Die Single Elimination stellt ein klassisches K.O.-System dar: Zwei Fahrer fahren direkt gegeneinander, der Sieger rückt in die nächste Runde vor und der Verlierer scheidet aus. Dieses Prozedere ist im Grunde genommen gleich zum Slalom und gut mit dem Achtel-, Viertel- und Halbfinale bei der Fußball-WM zu vergleichen. Die linke Abbildung zeigt ein Single Elimination-Templates aus dem offiziellen PWA-Freestyle-Regelbuch.

Der Gewinner der Single Elimination ist aber nicht zwingend der Gewinner des Freestyle-Events. Dieser wird erst mit der Double Elimination ermittelt.

PWA Freestyle
Double Elimination Ladder Quelle: pwaworldtour.com

Mit der Double Elimination sollen die Nachteile der Single Elimination (schnelles Ausscheiden und keine Chance auf ein Weiterkommen) minimiert, und der Wettkampf so spannender und fairer gestaltet werden. Dies bedeutet, dass alle Fahrer noch einmal eine Chance bekommen und erst nach ihrer zweiten Niederlage endgültig aus dem Wettkampf ausscheiden. Dafür werden die Teilnehmer entsprechend ihrer Platzierung in der Single Elimination in das Double Elimination Ladder (siehe links) eingeordnet. Je besser die Platzierung in der Single Elimination, desto weiter vorne wird man in der Double einsortiert. Die Bestplatzierten sparen sich also zahlreiche Heats und somit auch jede Menge Kraft für das mögliche Finale. Theoretisch könnte aber sogar der Letzte der Single Elimination noch die Double Elimination gewinnen. In der Regel ist der Sieger der Double Elimination auch Sieger des Events, da nur selten mehrere Single und Double Elimination während eines Wettkampfes abgehalten werden.

Die Bewertung

PWA_Freestyle_2Beim PWA Freestyle geht es um Tricks auf dem Flachwasser. Mit enormer Kraft katapultieren sich die Fahrer zusammen mit ihrem Material meterhoch in die Luft und vollführen komplizierte Rotationen, Drehungen und Schrauben. Wenn man so will, ist das Eiskunstlauf auf dem Wasser. Bewertet werden die Fahrer durch die sogenannten Judges, die für jeden Trick eine Bewertung von 1 (sehr schlecht) bis 12 (überragend) abgeben können. Bewertet wird dabei vor allem nach den Kriterien

  • Diversität: Wie viele unterschiedliche Tricks zeigt der Fahrer
  • Schwierigkeit: Wie kompliziert und schwer ist der gezeigte Trick
  • Style: Wie „promotet“ der Fahrer seinen Trick

Die Judges legen fest, wie viele Tricks die Fahrer mindestens in einer Richtung zeigen müssen. Die Fahrer haben dann in einem Heat eine festgelegte Anzahl an Minuten Zeit, um ihre Tricks zu performen. In dieser Zeit dürfen sie auch deutlich mehr Tricks als erforderlich machen, um nur die bestbewertesten in die Gesamtsumme einfließen zu lassen.

Der Fahrer mit der höchsten Gesamtbewertung gewinnt dann den Heat und rückt in die nächste Runde vor.

Die Fahrer

PWA Freestyle
Rider: Jose ´Gollito´ Estredo Photo: John Carter

Slalom-Piloten habe ich als große und stämmige Männer vorgestellt. Freestyler würden in deren Schatten vermutlich verloren gehen. Kein Gramm zu viel haben die durchtrainierten Männer und Frauen auf den Rippen, um sich mit Leichtigkeit in die Luft katapultieren zu können. Und während Slalom-Piloten augenscheinlich verbissen um jeden Zentimeter Vorsprung kämpfen, regiert beim PWA Freestyle noch der chillige Surfer-Spirit. Beim Wettkampf jedoch zeigen auch die Freestyler ihre Verbissenheit und geben alles um zu gewinnen.

Das Material

PWA Freestyle

Freestyle-Material muss nicht schnell sein, sondern dem Fahrer die verrücktesten Tricks ermöglichen. Daher sind die Boards ganz anders geshapt, als zum Beispiel Slalom-Boards. Weiche Kanten und eine kurze Finne erleichten das sogenannte „Sliden“, also das Rutschen über das Wasser und viel Volumen im Heck des Boards erleichtert das Angleiten und verhindert beim Rückwärts-Sliden ein schnelles Absinken. Somit sind die Boards darauf getrimmt, aus jeder Böe die notwendige Geschwindigkeit herauszuholen um sich leicht in die Luft katapultieren zu können.

PWA Freestyle

Dem schließen sich die Freestyle-Segel nahtlos an. Die Segel liegen leicht in der Hand, um bei Tricks immer die Kontrolle behalten zu können, entwickeln aber im Vergleich zu Slalom-Segeln deutlich weniger Vortrieb. Anders als im Slalom verwenden Freestyler keine überdimensionierten Segel, sondern sie wählen eine Segelgröße mit der sie gut ins Fahren kommen, die aber bei Tricks noch leicht zu kontrollieren ist.

Die Events

Folgende Events, die ihr natürlich auch im Livestream verfolgen könnt, sind im PWA Freestyle für diese Saison geplant:

  • 20.04. – 25.04. in Frankreich
  • 29.04. – 03.05. in Österreich
  • Fuerteventura (noch offen)
  • 25.09. – 04.10. auf Sylt

Die Favoriten

Wenn man beim PWA Freestyle über Favoriten redet, darf „Gollito“ nicht fehlen. Der gebürtige Venezuelaner gewann letztes Jahr die WM bereits zum sechsten Mal und wird auch 2015 wieder zu dem Topfavoriten auf den Titel gehören. Daneben sehe ich vor allem in dem Weltmeister von 2013 Kiri Thode und dem Weltmeister von 2011 Steven van Broeckhoven die ärgsten Konkurrenten von Gollito. Auch die Bonaire-Locals um die Frans-Brüder sind immer für eine Überraschung gut.

Auf der Homepage der PWA erfahrt ihr alles über die Freestyler und die anstehenden Events. Hat euch dieser Artikel über PWA Freestyle gefallen? Dann seid gespannt auf den vorletzten Artikel dieser Reihe, in dem ich euch PWA Wave genauer vorstellen werde.