Der bayerische Speed Kini

Seit ein paar Jahren sieht man Komisches an bayerischen Seen: Windsurfer schrauben bei besten Bedingungen stundenlang an ihrem Material rum, feilen an Finnen rum die länger sind als mein Unterarm, kürzen Latten und riggen überdimensionierte Segel auf, die größer sind als so manche Studentenwohnung in München.

12218854_1157244614304770_1491161461_oIrgendwann schaffen auch sie es auf das Wasser, pumpen ein paar Mal, holen dicht und schießen dann mit Vollgas auf Raumwindkurs über den See. Mit einem Affenzahn fetzen sie an einem vorbei und wenn man dabei auf Freestylematerial unterwegs ist, hat man das Gefühl auf der Stelle zu stehen.

Wer dieses Phänomen so oder so ähnlich auch schon beobachtet hat, ist Zeuge einer wiedererstarkten Massenbewegung im Windsurfen geworden: Dem Speedsurfen. Mit speziellen Material, welches mit meinen Waveboards und -segeln nichts mehr gemein hat, kämpfen die Jungs und Mädls um die höchste Geschwindigkeit und pushen sich jedes Mal in den absoluten Geschwindigkeitsrausch. Was für mich Backloops oder ein fetter Wellenritt ist, ist für die Racer der absolute Topspeed.

Doch warum sieht man gerade in Bayern immer mehr Windsurfer mit Racematerial am See? Teilweise gehen ja sogar schon die Freestyler fremd! ;) „Schuld“ daran hat sicherlich Tobi Ullrich, der 2013 den Bayerischen Speed Kini ins Leben rief und damit eine landesweite Bewegung schuf. Da ihr in Zukunft mehr über Tobi und den Bayrischen Speed Kini auf unserer Seite lesen werdet, stelle ich euch Tobi und sein Event genauer vor:

Der Bayerische Speed Kini

Wer den Bayerichen Speed Kini kennt oder sogar selber daran teilnimmt, kann diesen Abschnitt getrost überspringen. Alle anderen Unwissenden kläre ich hier gerne auf.

12218952_1157245687637996_2008473330_oDas Speedsurfen hat in den letzten Jahren in Deutschland zu neuer Stärke zurückgefunden. Grund hierfür waren und sind sicherlich die verbesserten GPS-Geräte und die Möglichkeit sich über das Internet digital mit anderen zu messen. Dies macht das Speedsurfen massentauglich, da jeder an seinem Lieblingsspot zu jeder beliebigen Zeit sein Bestes geben kann. Hierbei haben die Norddeutschen allerdings einen deutlichen Vorteil: Die flachen Priele der Nordsee erlauben deutlich höhere Geschwindigkeiten als unsere kabbeligen bayerischen Seen. Somit konnten unsere bayerischen Speeder ihr Können nie unter Beweis stellen, da die Bedingungen an unseren Seen einfach keine Höchstgeschwindigkeiten zuließen.

Dies brachte Tobi auf die Idee den Bayerischen Speed Kini zu gründen. Die Idee war denkbar einfach: Genau wie beim großen Bruder kann man seine Geschwindigkeit per GPS-Gerät messen, seinen Run ins Internet hochladen und sich mit anderen Fahrern vergleichen. Der einzige Unterschied: Der Run muss auf einem bayrischen Gewässer entstanden sein. Dadurch werden die Leistungen der bayerischen Racer erstmals wirklich vergleichbar und jeder hat die gleichen und somit fairen Bedingungen.

2013 startete das Projekt das erste Mal und Tobi Ullrich konnte sich gleich den Sieg sichern. 2014 schlug das Event dann richtig ein und immer mehr Fahrer beteiligten sich daran. Dies liegt vor allem daran, dass das Event kostenlos ist und im Gegensatz zu Slalom-Events keine teure Segelnummer, Versicherung oder ähnliches nötig ist. Dadurch wurde das Event immer populärer und auch Profis fanden Gefallen an dem Format und mussten zugeben: Surfen auf bayrischen Seen ist deutlich anspruchsvoller als es erscheint.

Nun, im Jahr 2015, melden sich auch die Frauen zu Wort und mischen das Fahrerfeld gehörig auf. Auch der U18-Nachwuchs zeigt sein Können und fährt so manchem alten Hasen schon um die Ohren.

Im Folgenden will ich euch das Gehirn hinter dem Bayerischen Speed Kini genauer vorstellen und euch zu guter Letzt verraten was meine Ziele für kommendes Jahr sind!

Tobi Ullrich: Der Kopf hinter dem Bayerischen Speed Kini

Tobi Ullrich: Das Gesicht hinter dem Speed Kini
Tobi Ullrich: Das Gesicht hinter dem Speed Kini

Ich würde behaupten es gibt kaum einen bayerischen Windsurfer der den Tobi nicht kennt: Der gutherzige Verkäufer vom Hang Five fällt nicht nur aufgrund der albeau-ähnlichen Figur auf. Mit seiner ehrlichen Beratung und seiner Hilfsbereitschaft auch abseits der Öffnungszeiten hat er den Hang Five zur Hauptanlaufstelle der bayrischen Surfszene gemacht und seine Leistung auf den bayerischen Seen spricht für sich.

Surfandclimb: Tobi, genau genommen kann man dich getrost als Surf-Profi bezeichnen. Du verdienst dein Geld mit dem Windsurfen und bist einer der besten Racer Bayerns. Wie kamst du zu deiner Leidenschaft?

Tobi: Also als Profi würde ich mich nicht bezeichnen…eher sowas wie Halbprofi oder so…fällt mir schwer das in Worte zu fassen.  Zum surfen bin ich durch meinen Vater gekommen. Er hat es mir auch beigebracht.

S: Das mit dem Vater kommt mir ziemlich bekannt vor! War bei mir und vielen anderen Surfern sicherlich ähnlich. Hast du ab und zu noch Gelegenheit gemeinsam mit ihm aufs Wasser zu gehen?

T: Ja bis letztes Jahr eigentlich regelmäßig..leider hat er jetzt starke Knieprobleme und es geht nicht mehr ganz so häufig.

S: Soweit ich weiß, warst du davor als Kfz-Mechatroniker tätig. Warum der Wechsel in die Surfbranche?

T: Ja das stimmt. Ich habe fast 10 Jahre als Mechaniker gearbeitet. Der Wechsel hatte viele Gründe. Unter anderem, dass es mir einfach keinen Spaß mehr macht an den neuen Autos rumzumachen. Das hat nichts mehr mit dem zu tun, was ich machen wollte…alles nur noch elektronisch und die Möglichkeiten daran rumzuschrauben gleich Null! Und der andere Grund ist natürlich, dass ich die Chance hatte mein Hobby mit dem Beruf zu verbinden und so auch viel mehr Zeit auf dem Wasser bekomme.

S: Von früh bis spät Material verkaufen, bei Wind immer am See? Wird dir das nicht manchnmal auch zu viel?

T: Hahaha, NEIN! Auf keinen Fall! Ich muss sagen bisher bekomm ich alles gut hin. Und mir macht es ja auch richtig Spaß die Interessierten mit Infos aus erster Hand zu versorgen und Ihnen gutes Material zu verkaufen bzw. zu empfehlen. Und auch am See helfe ich immer gerne..nicht weil es zum Job gehört, sondern weil es Spaß macht den Leuten zu helfen und sie vorwärts zu bingen.

S: Eine sehr gute Einstellung und eigentlich genau die Einstellung, die den Surf-Spirit gut wiederspiegelt. Aber hast du den Eindruck, dass diese Einstellung immer mehr verloren geht? Vor allem an Wavespots habe ich immer öfter das Gefühl, dass vielen das Miteinander keine Rolle mehr spielt.

T: Schwer zu sagen..Auf jeden Fall ist es im Black Team und den Blacksheep nicht so. Und ich versuche ja auch immer ein bisschen Gemeinschaft zu schaffen. Beispielsweise it dem Slalom-Training, dass ich zusammen mit dem Wassersportcenter Starnberger See gemacht habe. Aber auch an den Spots fahre ich gerne mal Leuten die Tips brauchen und wollen hinterher. Daurch entsteht dann schon ein gewisser Zusammenhalt. Aber was du sagst bekomme ich schon auch manchal mit.

S: Du bist nicht nur surftechnisch immer vorne mit dabei, sondern dank deiner Arbeit bei Hang Five auch immer am Puls der Zeit. Verrate uns eines: Ist es um das Windsurfen wirklich so schlecht bestellt wie immer behauptet wird?

T: Aus meiner Sicht nein. Es gibt viele Surfer und auch viel im Nachwuchsbereich. Ich sehe eigentlich das größere Problem darin, dass die Ausrüstung für die meisten Jugendlichen zu teuer ist und man nun mal ohne Auto bei uns ziemlich aufgeschmissen ist.

S: Da gebe ich dir vollkommen recht! Ohne meine Eltern in frühen Zeiten und jetzt die Unterstützung der Firmen könnte ich den Sport nie so intensiv betreiben. Hättest du Ideen wie man diese Probleme angehen könnte? Was hältst du von so Ideen wie einem zentralen Materialverleih oder so?

T: Puh, dass ist echt eine schwierige Frage! Ich versuche schon immer mein Material am Ende jeden Jahres bevorzugt an Jugendliche abzugeben. Das Zeug ist dann ja immer noch richtig gut. Ein Verleih ist zumindest in unseren Breitengraden eher schwierig.

S: Vor ein paar Jahren hattest du anscheinend noch nicht genug und hast den Bayerischen Speed Kini gegründet. Dieser hat ja seit dem Start eingeschlagen wie eine Bombe. Täglich findet man in Facebook Meldungen über die Rangliste und das Racing ist an die bayrischen Seen zurückgekehrt. Überrascht dich der Erfolg deiner Idee?

T: Um ehrlich zu sein, eigentlich nicht..haha. Wie du schon gesagt hast, ich bekomme ja viel mit was bei uns auf den Seen los ist und da konnte man schon sehen, dass ein gewisses Wettkampfinteresse da ist. Und ich habe mir dann halt ein passendes Format dazu ausgedacht.

S: Eine Herren-, eine Damen- und eine Junior-Wertung. Dazu klare Regeln, keine Gebühren und pure Spontanität. Hat das Format so auch das Zeug zu einer überregionalen Meisterschaft? Vor allem die Österreicher und Schweizer fänden doch sicherlich Interesse an deinem Konzept?

T: Hm..ja ich denke das lässt sich leicht in andere Länder übertragen. Ich verlange auch nicht allzu hohe Lizenzgebühren…HEHE ;)

S: Anhand des Formats merkt man, wie groß die Gemeinde der Speedfans auch in Bayern ist. Selber Freestyler wie Fabi Weber probieren sich an der Geschwindigkeit. Was macht für dich den Reiz am Speedsurfen aus?

T: Ja man merkt deutlich dass sich das Bild an den Seen verändert. Man sieht immer irgendwen der an seinem Segel bastelt, ne Finne tauscht oder sonst irgendwas ausprobiert. Und auch die Kurse haben sich verändert: Vom klassischen Halbwindkurs zu Downwind. Nur so ist Topspeed möglich! Und der Reiz am Speedsurfen ist natürlich der Speed und die Möglichkeit an seine Grenzen zu gehen!

S: Deine Leidenschaft gibt dir recht. Momentan lieferst du dir mit Andy Laufer und Marco Lang einen erbitterten Kampf um die ersten Plätze. Spielt bei deiner anhaltend hohen Leistung auch der Wechsel zu NoveNove und somit deren Material dabei eine große Rolle?

T: Also ich bin auf jeden Fall mehr als zufrieden mit den NoveNove Boards. Die Teile sind richtig schnell und toll zu fahren! Damit kann ich sicherlich noch eine Schippe drauflegen.

S: Wie schon angesprochen fahren wir nun für den selben Stall. Und beide sind wir von großen Marken zu dieser vergleichsweise kleinen Edelschmiede gewechselt. Was war deine Intention und was erwartest du dir von der Zusammenarbeit?

T: Erstmal muss ich sagen, dass ich mich sehr freue dich für das Team gewonnen zu haben. Der Wechsel entstand ganz einfach daraus, dass ich ja schon seit langem im Team von Point-7 bin.Davon bekommt mich auch nichts weg, weil das einfach nicht nur mein Sponsor ist, sondern mittlerweile meine Freunde. Dazu das Team und die professionelle Struktur machen Point-7 für mich zum idealen Partner. Und da ja Liquid Sports der deutsche Importeur für P7 und meinen Xcel-Neos ist, habe ich natürlcih auch eng mit den Jungs um Philip Horn zusammen gearbeitet. Und als Sie dann NoveNove übernommen haben und fragten ob ich dabei bin, musste ich nicht lange überlegen.

S: Beide betreiben wir die selbe Sportart…zumindest dem Namen nach. Doch wenn ich am Kochelsee mit 4,0 unterwegs bin, hast du ein 7,2 aufgeriggt. Ich als Waver stelle mir da immer die Frage: Warum tut man sich das freiwillig an? Mit kleinem Material wären ja ganz andere Manöver und vor allem Tricks möglich!

T: Beim Surfen mit Slalom-Material geht es ja nicht um entspanntes freeriden, sondern um Vollgas! Dabei muss man natürlich immer auch die entsprechende Kontrolle haben, um richtig schnell sein zu können. Und das wiederum liegt am Material, dem Trimm, der eigenen Technik und der Fitness. Und genau das ist für mich der Reiz all diese Faktoren in Einklang zu bringen und das Beste zu geben.

S: Könntest du es dir auch vorstellen mal das Surfen in der Welle probieren? Oder reizt dich nur der Speed?

T: Natürlich reitzt mich das auch, aber ich hab mich eben für Slalom entschieden. Und mittlerweile auch alles darauf ausgelegt. Und auch im Urlaub geht es dann eben an Slalom-Spots. Für Wave bleibt da dann keine Zeit mehr.

S: Ich sehe schon, auf meine kleinen Boards werde ich dich kaum kriegen. ;) Ich wünsche dir für den Speed Kini weiterhin so viel Erfolg, bedanke mich für das Gespräch und freue mich auf die zukünftige Zusammenarbeit!

Ich hoffe, euch mit dem kleinen Interview einen Einblick in die bayrische Speed-Szene gegeben zu haben. Tobi und ich freuen uns auf jedes neue Gesicht an Spots und stehen mit Rat und Tat jedem gerne zur Seite!

Aufmerksame Leser wissen: Bisher habe ich am Speed Kini nicht teilgenommmen. Nicht weil es mich nicht reizen würde, sondern weil es mir an entsprechendem Material gefehlt hat. Mit den neuen Sponsoren wird sich dies vielleicht ändern, so dass ich mich nächstes Jahr vielleicht auch an dem Geschwindigkeitsrausch probieren werde.

Bleibt gespannt, was sich Tobi und ich in Zukunft ausdenken und was ihr als nächstes zu lesen bekommt.

Bis dahin…Hang loose!