Nachdem das letzte Jahr windsurfmäßig ein kompletter Reinfall war, stand ich dieses Jahr wieder vor der Frage wohin es zu Ostern gehen sollte. Dänemark bietet Wellen ohne Ende, aber nach der bitterkalten Erfahrung im März 2014 sollte es weiter in den Süden gehen. Sardinien ist mir ja mittlerweile bestens bekannt, aber Wavespots sind dort rar gesät und nur mit entsprechender Fahrerei zu erreichen. Außerdem war es meiner Meinung nach mal wieder Zeit für etwas Neues! Nach kurzer aber reiflicher Überlegung stand der Entschluss fest: Sizilien sollte es werden! Etwas wärmer als Sardinien und vor allem deutlich wärmer als Dänemark um diese Zeit, eine bessere Windstatistik als Sardinien und einen Wavespot der mit fast jedem Wind funktioniert. Gegen diese Argumente kam kein anderer Spot an.
Und so machten wir uns pünktlich zu den Osterferien auf nach Sizilien! Während die ersten 1300 Kilometer auf gut ausgebauten Autobahnen und mit lauter Rockmusik nur so dahinschmolzen, wurde es südlich von Salerno auf einmal abenteuerlich. Wollte ich nachts um vier nur den nächsten Parkplatz für eine Pause ansteuern, endete auf einmal die Autobahn und eine abenteuerliche Umfahrung durch die nebelverhangenen Berge und Dörfer begann. Nach einer gefühlten Ewigkeit fanden wir wieder zurück auf die Autobahn oder wie auch immer man die dortigen Schlagloch-verzierten Straßen nennen möchte. Und so ging es die nächsten 200 Kilometer auf einer endlosen Straße voller verlassener Baustellen im Wechsel zwischen 60 und 100 km/h nach Reggio di Calabria.
Nur eine kurze Fährfahrt später waren wir auf Sizilien und als regelgetriebener Deutscher erlebte ich den nächsten Kulturschock. Auf Sizilien scheinen Verkehrsregeln und Geschwindigkeitsbegrenzungen nur der Vollständigkeit halber zu existieren, daran halten tut sich eh kein einziger. Und so stand ich auf einer zweispurigen Abbiegespur neben drei anderen Autos und wunderte mich warum alle anderen auch fuhren, obwohl wir doch grün hatten.
Kurz der Überforderung nahe, entschied ich mich das einzig Richtige zu tun, entledigte mich schnell der deutschen Korrektheit, passte mich der dortigen Fahrweise an und gelangte so ziemlich geschmeidig aus Messina hinaus. Über eine sogenannte Autobahn mit Schlaglöchern, in denen kleine Kinder schwimmen lernen könnten, gelangten wir über Palermo an die Westküste und von dort weiter in den Süden. Einige Stoßgebete, dass mein Bus den Urlaub heil überstehen möge später, erreichten wir Petrosino nahe Marsala. Dort muss man kein Soziologe oder Etnologe sein, um die Nähe zum afrikanischen Kontinent zu spüren. In den Häusern, den Dörfern und in den Gesichtern der Sizilianer spiegelt sich der afrikanische Kontinent wider. Näher kann man Nordafrika in Europa wohl kaum kommen.
Während uns unser nigelnagelneues Ferienhaus den perfekten Unterschlupf für die kommenden zwei Wochen bieten sollte, schockte uns anfänglich die Umgebung ein bisschen: Viel Müll auf der Straße und inmitten der schönsten Natur und eine Vielzahl an heruntergekommenen und verlassenen Häusern direkt neben den neuesten Prachtbauten. Abgeblätterte Hotelschilder und verostete Souvenirschilder erzählen ebenfalls von besseren Zeiten und keine 100 Meter weiter steht ein riesiger Fünf-Sterne-Bunker. Reizüberflutung garantiert!
Doch der Blick auf das kristallklare Meer direkt von unserer Terrasse aus, die sanften Wellen, die gegen die Felsen schlugen und der erste traumhafte Sonnenuntergang waren die Vorboten eines wunderschönen Urlaubs.
Ob man sich mit dieser doch speziellen Atmosphäre anfreunden kann und ob der Urlaub surftechnisch hielt, was er versprach, erfahrt ihr in den kommenden Artikeln.